Barrierefreiheit im Web: Wichtige Begriffe kurz erklärt

Barrierefreiheit im Internet ist mehr als nur ein technischer Standard – sie ist ein entscheidender Schritt in Richtung einer inklusiven digitalen Welt. Damit Webseiten von allen Menschen genutzt werden können – unabhängig von ihren körperlichen oder kognitiven Fähigkeiten – sollten sie bestimmte Anforderungen erfüllen. In diesem Artikel erklären wir wichtige Begriffe rund um barrierefreies Webdesign kurz, um dir den Einstieg so einfach wie möglich zu machen.

HTML, CSS und JavaScript: Die Grundlagen

  • HTML (Hypertext Markup Language) definiert die Struktur einer Website. Es legt fest, welche Elemente eine Seite enthält – z. B. Überschriften, Absätze oder Listen.
  • CSS (Cascading Style Sheets) sorgt für die visuelle Gestaltung, etwa Farben, Schriften und Layouts.
  • JavaScript ermöglicht dynamische Funktionen im Browser, wie Animationen, Eingabeprüfungen oder das Nachladen von Inhalten.

Semantisches HTML: Struktur mit Bedeutung

Semantisches HTML nutzt aussagekräftige Tags wie <main>, <h1>, <p> oder <a>, um Inhalte nicht nur zu strukturieren, sondern ihnen auch Bedeutung zu geben. Das ist entscheidend für Screenreader, die auf solche Informationen angewiesen sind, um Nutzern z. B. Überschriften korrekt vorzulesen.

Ein gutes Beispiel:

<main>
  <h1>Das ist eine Hauptüberschrift</h1>
  <p>Ein erklärender Absatz mit <a href="#">einem Link</a>.</p>
</main>

Auch HTML-Attribute wie alt (für Alternativtexte bei Bildern) oder href (für Links) liefern zusätzliche Informationen, die für die Barrierefreiheit unverzichtbar sind.

ARIA: Unterstützung für assistierende Technologien

ARIA (Accessible Rich Internet Applications) erweitert HTML um zusätzliche Attribute für Elemente, die sonst keine klare Semantik haben. Sie geben Screenreadern Hinweise über Rollen, Zustände oder Eigenschaften eines Elements – z. B. ob ein Menü geöffnet ist.

Wichtig: ARIA sollte nur eingesetzt werden, wenn HTML allein nicht ausreicht – und muss korrekt verwendet werden.

Assistierende Technologien: Digitale Hilfsmittel im Einsatz

Menschen mit Behinderung nutzen assistierende Technologien, um Webseiten zugänglich zu machen. Beispiele:

  • Screenreader, der Webseiten-Inhalte für blinde Menschen vorliest
  • Braille-Displays, mit denen taubblinde Nutzer Inhalte per Blindenschrift ertasten können
  • Spracherkennung oder Einhand-Tastaturen
  • Eyetracking oder Bildschirmvergrößerung

Praxis-Tipp: Probiere selbst einen Screenreader aus. Auf dem Mac geht das mit VoiceOver (Command + F5), auf Windows mit dem Narrator (STRG + Windows-Taste + Enter).

Tastaturbedienung: Navigation ohne Maus

Es gibt auch viele Menschen, die Webseiten nur mit der Tastatur bedienen können. Dabei ist ein sichtbarer Fokusindikator (z. B. ein Rahmen um aktive Elemente) besonders wichtig, damit die Orientierung erhalten bleibt. Problematisch sind sogenannte Tastaturfallen, bei denen der Fokus nicht mehr entkommen kann (z. B. bei nicht schließbaren Pop-Ups).

Praxis-Tipp: Teste eine Website mit der Tabulatortaste. Mit Shift + Tab gehst du zurück, mit Enter aktivierst du das fokussierte Element.

Info: Das HTML-Attribut tabindex legt die Fokusreihenfolge fest – aber Vorsicht: Eine manuelle Nummerierung kann mehr schaden als helfen.

Interaktive Elemente: Zustände sichtbar machen

Interaktive Elemente wie Links, Buttons oder Formulare sollten auf Zustandsänderungen reagieren:

  • hover (Maus über dem Element)
  • focus (Tastaturfokus)
  • visited (bereits besuchter Link)

Bei selbst programmierten Custom Controls müssen zusätzliche Infos wie Name, Rolle und Status manuell ergänzt werden – z. B. mit ARIA-Attributen.

Zeigegeräte & Gesten: Vielfalt der Eingabemethoden

Nicht alle Nutzer klicken mit der Maus. Auch Touch-Gesten, Stifteingabe oder Wischbewegungen sind gängige Eingabemethoden. Eine zugängliche Website berücksichtigt möglichst viele dieser Varianten.

Kontrast: Lesbarkeit sicherstellen

Ein guter Farbkontrast zwischen Text und Hintergrund ist essentiell. Die WCAG-Richtlinien empfehlen ein Kontrastverhältnis von mindestens 4.5:1 bei normalem Text (3:1 bei großen Text). Tools wie Contrast-Checker helfen bei der Überprüfung.

Beschriftungen und Labels: Orientierung in Formularen

Formularfelder und Buttons brauchen eindeutige Beschriftungen – sogenannte Labels. Diese sollten mit dem Eingabefeld verknüpft sein, entweder direkt oder über aria-label-Attribute. So wissen auch Screenreader-Nutzer, welche Eingabe gefordert ist.

Untertitel, Audiodeskription & Transkripte: Medien zugänglich machen

  • Untertitel (Captions) geben gesprochene Inhalte wieder – ideal für gehörlose Menschen.
  • Audiodeskriptionen erklären visuelle Inhalte – wichtig für blinde Menschen.
  • Transkripte bieten alle Audioinhalte in Textform.

Tipp: Plattformen wie YouTube generieren automatisch Transkripte – sie sollten aber immer gegengelesen werden.

Info: Beschreibende Transkripte enthalten auch wichtige Kontextinformationen wie zum Beispiel, wer gerade spricht.

Einfache und Leichte Sprache: Verständlich kommunizieren

  • Leichte Sprache folgt klar-definierten Regeln und vereinfach Sprache formal und inhaltlich. Sie richtet sich an Menschen mit kognitiven Einschränkungen oder Lesebeeinträchtigung.
  • Einfache Sprache folgt Empfehlungen und ist allgemein verständlicher formuliert, aber inhaltlich nicht reduziert. Sie richtet sich an alle, die keine Fachnutzer sind.

Gebärdensprache: Visuelle Kommunikation ermöglichen

Für viele gehörlose Menschen ist Gebärdensprache die erste Sprache. Ein Gebärdensprach-Video kann für diese Zielgruppe der beste Zugang zu Informationen sein.

Accessibility Personas: Nutzer verstehen

Accessibility Personas helfen, Bedürfnisse greifbar zu machen. Dabei wird ein beispielhafter Benutzer mit Einschränkungen beschrieben – samt Alltag, Frustrationen und Zielen. Das fördert empathisches Design und bessere Entscheidungen im Entwicklungsprozess.

Faustregel: Je besser du deine Nutzer verstehst, desto besser wird das Nutzungserlebnis deiner Website. Das gilt auch und insbesondere für Nutzer mit Beeinträchtigungen.

Testtools: Barrierefreiheit prüfen

Es gibt zahlreiche Tools zur automatischen Prüfung – zwei besonders hilfreiche:

Hinweis: Automatische Tests sind ein guter Start, ersetzen aber keinen manuellen Test mit assistierender Technik.

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