Was bedeutet Barrierefreiheit und warum ist sie wichtig?
Moin. Ich bin Nils von Hansolu. In diesem Video möchte ich in wenigen Minuten erklären, was Barrierefreiheit eigentlich bedeutet und weshalb sie für alle Menschen von Bedeutung ist.
Wir werfen gemeinsam einen Blick auf verschiedene Beispiele aus dem Web und dem Alltag und besprechen, worauf es bei barrierefreier Gestaltung ankommt.
Was versteht man unter Barrierefreiheit?
Zunächst einmal: Barrierefreiheit ist ein komplexes Thema. Der erste Schritt besteht darin, ein grundlegendes Verständnis dafür zu entwickeln, worum es dabei geht.
Ein zentraler Begriff findet sich im Behindertengleichstellungsgesetz (BGG), das 2002 in Kraft trat. In §4 ist festgelegt, wie Barrierefreiheit definiert ist. Interessanterweise war früher die Vorstellung verbreitet, dass Menschen mit Behinderungen sich an eine von Barrieren geprägte Umwelt anpassen müssten – etwa mithilfe von Training oder Hilfsmitteln.
Heute hat sich diese Sichtweise gewandelt: Nicht die Menschen sollen sich anpassen, sondern die Umwelt soll so gestaltet sein, dass sie von allen genutzt werden kann. Das ist ein grundlegender Perspektivwechsel.
Ein Beispiel: Wenn Websites oder Gebäude ohne Rücksicht auf Menschen mit Einschränkungen gestaltet werden, entstehen unbeabsichtigt Barrieren. Eine Webseite, die nur mit der Maus bedient werden kann, ist für viele Nutzer nicht zugänglich – etwa für blinde Menschen oder Personen mit motorischen Einschränkungen.
Barrierefreiheit betrifft uns alle
Barrierefreiheit bedeutet, dass Menschen ohne zusätzliche Hilfe oder große Hürden am gesellschaftlichen Leben teilhaben können – sei es im öffentlichen Nahverkehr, beim Einkaufen oder bei der Nutzung digitaler Angebote.
Ein ebenerdiger Eingang oder ein Aufzug kommt nicht nur Menschen im Rollstuhl zugute, auch Personen mit Kinderwagen, schwerem Gepäck oder einer vorübergehenden Verletzung profitieren davon. Barrierefreiheit ist also kein Sonderfall, sondern ein Vorteil für viele – letztlich für uns alle.
Wie viele Menschen sind betroffen?
Ein Blick auf die Zahlen: In Deutschland leben rund 7,9 Millionen schwerbehinderte Menschen. Das entspricht etwa 10 Prozent der Bevölkerung. In der Altersgruppe über 64 Jahre liegt der Anteil sogar bei rund 24,5 Prozent.
Hinzu kommen zahlreiche Menschen mit temporären oder situativen Einschränkungen – beispielsweise bei einem Beinbruch oder wenn man mit einem Kind auf dem Arm nur eine Hand freihat. Auch dann wird deutlich, wie hilfreich eine barrierefreie Umgebung sein kann.
Barrierefreiheit betrifft also keineswegs nur eine kleine Gruppe, sondern Millionen von Menschen. Und durch den demografischen Wandel wird dieser Anteil weiter steigen. Es ist gut möglich, dass wir irgendwann selbst auf Barrierefreiheit angewiesen sind.
Digitale Barrierefreiheit
Betrachten wir nun die digitale Welt. Auf der Website der Web Accessibility Initiative (WAI) finden sich Erfahrungsberichte von Menschen mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen – darunter etwa Ade, ein Reporter, der das Internet mithilfe von Tastatur und Joystick nutzt.
Für Menschen wie ihn ist es unerlässlich, dass Websites vollständig mit der Tastatur bedienbar sind – ohne Maus. Das gilt auch für blinde Menschen, die Screenreader verwenden. Fehlt diese Möglichkeit, ist die Website für sie schlicht nicht zugänglich.
Eine Untersuchung von Aktion Mensch und Google ergab: Nur etwa 20 Prozent der großen Online-Shops sind barrierefrei. Der häufigste Mangel? Genau – die fehlende Tastaturbedienbarkeit.
Das ist problematisch, denn gerade Online-Shops bieten Menschen mit Behinderung eine wichtige Möglichkeit zur selbstständigen Teilhabe – etwa beim Einkaufen. Wenn dieser Zugang fehlt, entsteht ein reales Hindernis.
Gesetzliche Regelungen
Ab Juni 2025 tritt in Deutschland das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) in Kraft. Es verpflichtet auch private Anbieter, digitale Inhalte barrierefrei zugänglich zu machen – insbesondere Online-Dienste wie Shops oder Informationsportale.
Ein Überblick über wichtige gesetzliche Grundlagen:
- BGG – Behindertengleichstellungsgesetz (seit 2002)
- BITV 2.0 – Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung
- EN 301 549 – Europäische Norm zur digitalen Barrierefreiheit
- WCAG – Web Content Accessibility Guidelines
Die WCAG gelten international als Standard für barrierefreie Webangebote. Sie unterscheiden drei Stufen: A, AA und AAA. Stufe AA gilt als etablierter und praxistauglicher Standard – mit klaren und gut dokumentierten Anforderungen.
Mein Fazit
Barrierefreiheit ist kein Luxus oder Zusatz, sondern eine grundlegende Voraussetzung für gleichberechtigte Teilhabe. Sie betrifft uns alle – direkt oder indirekt.
Je mehr wir bei der Gestaltung unserer Umgebung auf unterschiedliche Bedürfnisse achten, desto fairer, inklusiver und benutzerfreundlicher wird unsere Gesellschaft.
Vielen Dank fürs Zuhören. Bis zum nächsten Mal.